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Einleitung
Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Dichter Endre Ady und nach ihm viele ungarische Künstler die "menschendichte, große Wildnis", das berauschende, "singende Paris" in ihren Werken auf den Sockel hoben, bot den folgenden Generationen – in erster Linie denjenigen, die zwischen 1920–1933 in Berlin lebten – die deutsche Hauptstadt ein Gefühl von Freiheit, Erfüllung und Erneuerung.
Das Literaturmuseum Petőfi untersucht mit seiner Ausstellungsserie Schriftsteller mit Gepäck die Beziehung zwischen europäischen Großstädten und der ungarischen Literatur, die Wirkung der Stadt, der dort lebenden Menschen, der sich dort entfaltenden künstlerischen Strömungen, die sich, ob anziehend oder abstoßend, doch in jeder Hinsicht bestimmend und befruchtend an den literarischen Werken, doch auch im Bezug auf andere künstlerische Zweige erkennen lässt.
Nach der Ausstellung Paris lässt nicht los im Jahr 2004 setzen wir die Serie nun mit einem bislang kaum ergründeten Gebiet fort: Präsentiert wird das Berlin-Bild ungarischer Schriftsteller (ohne den Anspruch der Vollständigkeit), die zwischen 1900 und 1933 in Berlin lebten und schrieben, wozu als Illustration unter anderem ihre Werke dienen. Die 1986 in Kassel gezeigte, großangelegte Ausstellung Wechselwirkungen sowie der begleitende Katalog waren der erste Versuch, die bestimmende Präsenz der avantgardistischen ungarischen Kunst in der Weimarer Republik mit Bildern und Dokumenten zu belegen. In den seitdem vergangenen zwanzig Jahren vertieften zahlreiche deutsch-ungarische Ausstellungen auf dem Gebiet der visuellen Künste die dahingehenden Forschungen. Die ungarische literarische Präsenz ist allerdings keineswegs mit jener der bildenden Künste zu vergleichen und unterscheidet sich auch in der Zeit vor dem Krieg stark von den darauffolgenden Jahren. Außer den unbestreitbaren Erfolgen von Lajos Hatvany, Ferenc Molnár, Lajos Bíró, Menyhért Lengyel, Sándor Bródy oder Béla Balázs zeigen auch erfolglose Versuche den unterschiedlichen Geschmack der deutschen Verlage, ihre reservierte Haltung.
Berlin war nach dem Ersten Weltkrieg und den verlorenen Revolutionen ein Treffpunkt der internationalen Avantgarde. Die für jede neue Initiative offene, dynamische Atmosphäre, die Rolle Berlins als Vermittler verschiedener geistiger Einflüsse lockte die Schriftsteller an, die sich auch im deutschen Sprachraum zu verwirklichen wünschten. Außer von der Wechselwirkung war das künstlerische Beisammensein in Berlin auch von dem Zusammenwirken gekennzeichnet: Trotz Diskussionen, die zuweilen sogar zum Bruch führten, ist in den dort entstandenen Werken die gegenseitige Unterstützung, eine Symbiose von Wirkung und Gegenwirkung zu beobachten. Nicht nur die Tätigkeit von József Vészi, Ignotus und Lajos Hatvany, die im Interesse der ungarischen Literatur äußerst aktiv waren, belegt dies, auch die unterstützenden Gesten von László Moholy-Nagy, der mit Hilfe von Lajos Tihanyi nach Berlin kam und früher unter anderem Gedichte publizierte, und Aurél Bernáth, der Tibor Déry behilflich war, oder die unerschöpflich scheinende übersetzerische Tätigkeit von Stefan Klein sind Beispiele dafür.
Unsere Ausstellung beschwört in dem Zeitintervall von Mór Jókai bis Dezső Keresztury die sensiblen, geistreichen, Intimitäten verratenden, selbstverständlich subjektiven, doch in vielen Fällen von den Klischees abweichenden Beobachtungen der ungarischen Schriftsteller herauf. Die lauten Bahnhöfe, der große Verkehr in der unüberschaubar scheinenden Großstadt, die einen "mitreißt und verschluckt"; die Genauigkeit ihres Zahnrädern gleichenden Funktionsmechanismus; der "Tatendrang"; mit den nach den Losungen von Disziplin und Arbeit lebenden Einwohnern; das Erlebnis "auch als Fremder einer von ihnen zu sein" waren ähnlich wie bei den Filmemachern und bildenden Künstlern auch bei den Schriftstellern bestimmende Themen (siehe die Texte von Sándor Márai, Jenő Rejtő, Frigyes Karinthy, Dezső Keresztury). Die im "Berliner Purgatorium" als Fremde umherstrauchelnden Schriftsteller spüren die zugleich aufnehmende und ausgrenzende Haltung der Deutschen, ihre grundlegende Rolle als kulturelle Vermittler; sie spüren, "was sie brauchen" und "was sie nicht haben"; doch spüren sie auch, dass man die "ngarischen Werte nicht mit Gewalt zu internationalen Werten machen kann".
Dieser letztere Gedanke führt zu den Themen und dem Bedürfnis der Neuformulierung von Ausland und Heimat, von ungarischer Identität und dem Dasein als ungarischer Schriftsteller. Der derzeitige Erfolg der zeitgenössischen ungarischen Literatur in Deutschland hat uns zu der Suche nach der Vorgeschichte bewegt sowie dazu, den Faden bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurückzuverfolgen und auf ein weiteres Detail eines Entwicklungsprozesses von Jahrhunderten aufmerksam zu machen, denn im Bereich der Literatur gilt auch heutzutage – um mit den Worten von Aladár Komlós zu sprechen: "Unser Paris ist heute Berlin".
Nach der Ausstellung Paris lässt nicht los im Jahr 2004 setzen wir die Serie nun mit einem bislang kaum ergründeten Gebiet fort: Präsentiert wird das Berlin-Bild ungarischer Schriftsteller (ohne den Anspruch der Vollständigkeit), die zwischen 1900 und 1933 in Berlin lebten und schrieben, wozu als Illustration unter anderem ihre Werke dienen. Die 1986 in Kassel gezeigte, großangelegte Ausstellung Wechselwirkungen sowie der begleitende Katalog waren der erste Versuch, die bestimmende Präsenz der avantgardistischen ungarischen Kunst in der Weimarer Republik mit Bildern und Dokumenten zu belegen. In den seitdem vergangenen zwanzig Jahren vertieften zahlreiche deutsch-ungarische Ausstellungen auf dem Gebiet der visuellen Künste die dahingehenden Forschungen. Die ungarische literarische Präsenz ist allerdings keineswegs mit jener der bildenden Künste zu vergleichen und unterscheidet sich auch in der Zeit vor dem Krieg stark von den darauffolgenden Jahren. Außer den unbestreitbaren Erfolgen von Lajos Hatvany, Ferenc Molnár, Lajos Bíró, Menyhért Lengyel, Sándor Bródy oder Béla Balázs zeigen auch erfolglose Versuche den unterschiedlichen Geschmack der deutschen Verlage, ihre reservierte Haltung.
Berlin war nach dem Ersten Weltkrieg und den verlorenen Revolutionen ein Treffpunkt der internationalen Avantgarde. Die für jede neue Initiative offene, dynamische Atmosphäre, die Rolle Berlins als Vermittler verschiedener geistiger Einflüsse lockte die Schriftsteller an, die sich auch im deutschen Sprachraum zu verwirklichen wünschten. Außer von der Wechselwirkung war das künstlerische Beisammensein in Berlin auch von dem Zusammenwirken gekennzeichnet: Trotz Diskussionen, die zuweilen sogar zum Bruch führten, ist in den dort entstandenen Werken die gegenseitige Unterstützung, eine Symbiose von Wirkung und Gegenwirkung zu beobachten. Nicht nur die Tätigkeit von József Vészi, Ignotus und Lajos Hatvany, die im Interesse der ungarischen Literatur äußerst aktiv waren, belegt dies, auch die unterstützenden Gesten von László Moholy-Nagy, der mit Hilfe von Lajos Tihanyi nach Berlin kam und früher unter anderem Gedichte publizierte, und Aurél Bernáth, der Tibor Déry behilflich war, oder die unerschöpflich scheinende übersetzerische Tätigkeit von Stefan Klein sind Beispiele dafür.
Unsere Ausstellung beschwört in dem Zeitintervall von Mór Jókai bis Dezső Keresztury die sensiblen, geistreichen, Intimitäten verratenden, selbstverständlich subjektiven, doch in vielen Fällen von den Klischees abweichenden Beobachtungen der ungarischen Schriftsteller herauf. Die lauten Bahnhöfe, der große Verkehr in der unüberschaubar scheinenden Großstadt, die einen "mitreißt und verschluckt"; die Genauigkeit ihres Zahnrädern gleichenden Funktionsmechanismus; der "Tatendrang"; mit den nach den Losungen von Disziplin und Arbeit lebenden Einwohnern; das Erlebnis "auch als Fremder einer von ihnen zu sein" waren ähnlich wie bei den Filmemachern und bildenden Künstlern auch bei den Schriftstellern bestimmende Themen (siehe die Texte von Sándor Márai, Jenő Rejtő, Frigyes Karinthy, Dezső Keresztury). Die im "Berliner Purgatorium" als Fremde umherstrauchelnden Schriftsteller spüren die zugleich aufnehmende und ausgrenzende Haltung der Deutschen, ihre grundlegende Rolle als kulturelle Vermittler; sie spüren, "was sie brauchen" und "was sie nicht haben"; doch spüren sie auch, dass man die "ngarischen Werte nicht mit Gewalt zu internationalen Werten machen kann".
Dieser letztere Gedanke führt zu den Themen und dem Bedürfnis der Neuformulierung von Ausland und Heimat, von ungarischer Identität und dem Dasein als ungarischer Schriftsteller. Der derzeitige Erfolg der zeitgenössischen ungarischen Literatur in Deutschland hat uns zu der Suche nach der Vorgeschichte bewegt sowie dazu, den Faden bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurückzuverfolgen und auf ein weiteres Detail eines Entwicklungsprozesses von Jahrhunderten aufmerksam zu machen, denn im Bereich der Literatur gilt auch heutzutage – um mit den Worten von Aladár Komlós zu sprechen: "Unser Paris ist heute Berlin".
Csilla E. Csorba
Hauptdirektorin
Literaturmuseum Petőfi